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Auf der Kinderseite Nr. 1:

"Mühlengespenster" Teil I

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von Joachim Größer (2007)

 

„Ach ist mir langweilig!“, gähnte Adalbert und sein Gegenüber meinte zu dieser Feststellung: „Wie würde ich mich freuen, wieder einmal so richtig ausgelassen sein zu können. Weißt du noch Adalbert, anno 1732? Oder, unvergessen für mich, ist unser Fest im Jahr 1823. Da haben wir den Räubern solch einen Schrecken eingejagt, dass die Mühle uns wieder ganz allein gehörte.“

„Meine schönste Erinnerung datiere ich auf Sylvester 1550, Hermännchen. Der Müller war damals so wütend, dass er seine schöne Mühle selbst in Brand steckte. Hei, jee – war das ein Feuerchen.“

„Hi, hi – ja, das war ein schönes Feuer. Aber der Fridolin, dieser elende Banause, hat uns das bis heute nicht verziehen. Dabei war er damals besonders gut im Spuken.“

Hermännchen, eigentlich hieß er ja „Hermann von der Alten Wassermühle“, gehörte zu dem uralten Geschlecht der Mühlengespenster. Aber weil er so klein war, nannten man ihn in seinen Kreisen, also in Gespensterkreisen, nur Hermännchen. Seit 1186 lebt er im Mühlental am Mühlenbach. Drei große Brände überstand der Mühlengeist Hermann, ehe seine Müllersleute 1639 - nachdem ihre Mühle von vagabundierenden Söldnern bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurde – das Tal verließen. Da nie wieder auf diesen Mauern ein Haus gebaut wurde, lebte Hermann im halb verschütteten Keller, zwar von den Menschen vergessen, nicht aber von den Geistern.

Noch schlimmer traf es Adalbert. Dort, wo einst seine Wassermühle stand, entstand ein großer Teich. Und da alle Mühlengespenster zwar ihre Mühlen lieben und auch nichts gegen das Bachwasser, das die Wasserräder antreibt, haben, aber sonst ausgesprochen wasserscheu sind, verließ er bereits anno 1711 sein Heim. Da nun ein ungeschriebenes Gesetz bestimmt, dass nur ein Geist in einer Mühle leben darf, geisterte Adalbert viele, viele Nächte ruhelos umher. Immer öfters wurde er von Menschen erblickt. Dieser Zustand bedeutete aber Gefahr für alle Mühlengespenster, und davon gibt es immerhin sieben im Mühlental.

So traf sich der “Große Gespensterrat“ zu einer außerordentlichen Gespensterratsversammlung und man beschloss, dass in Hermanns Keller auch Adalbert hausen dürfe, denn dies sei ja keine Mühle mehr. Zuerst murrte Hermann. Als ihm aber versprochen wurde, er dürfe immer zuerst das „Große Fest der Gespenster des Mühlentales“ eröffnen, willigte er ein. Beide Gespenster waren recht verträgliche Gesellen und so vertrieben sie sich Nacht für Nacht, Monat für Monat, Jahr für Jahr mit ihren Erinnerungen die Zeit und damit ihre Langeweile.

Bald aber gab es wieder ein freudiges Ereignis, bald war es wieder soweit: Das „Große Fest“ der Mühlengespenster sollte gefeiert werden! Es wurde nur jedes 13. Jahr zum Fest gerufen und stand unter der Schirmherrschaft des „Allmächtigen Carl Friedrich von und zu der Wasserschlossmühle“. Er, also dieser „Allmächtige Carl Friedrich von und zu der Wasserschlossmühle“, in Gespensterkreisen (hinter vorgehaltener Hand) nur Carli genannt, hatte das Fest anno 1459 aus Anlass der Einweihung des Wasserschlosses „Seiner Gräflichen Durchlaucht Friedrich Wilhelm Albert von und zu Meisenburg“ ins Leben gerufen. Dieses Fest stellt immer einen großartigen Höhepunkt im Leben eines Mühlengespenstes dar. Bei diesem Fest – so hatte man es bereits 1472 dem „Gesamtrat des Vereinigten Gespenster- und Geisterkollegium“ abgetrotzt – durften sich alle Geister und Gespenster im Mühlental unbeschadet den Menschen zeigen. Kein Wunder also, dass dieses 13. Jahr nicht nur bei den Mühlengespenstern so beliebt war. Regelmäßig als Gäste kamen die Wassernixe und ihr Ehemann, das Wassergeistlein. Extra für sie wurde der Keller in der Wasserschlossmühle geflutet. Diese Gelegenheit, sich eventuell den Menschen zu zeigen, ließ sich dann auch der Bachgeist nicht entgehen. Er selbst nannte sich gerne „Seine erhabene Wässrigkeit“ und betonte damit seine unbestrittene Macht über das Mühlental.

Ehrengast war in jedem 13. Jahr auch der Rodensteiner mit seinen wilden Gesellen. Zwar war er meist arg betrunken, Hermännchen nannte ihn einen versoffenen Tunichtgut, aber alle Geister und Gespenster zollten ihm Anerkennung. Die war auch gerechtfertigt, denn niemand konnte so schön durch die Lüfte brausen, mit den Schwertern gegen die Rüstung klappern, Trinklieder grölen – wie eben dieser Rodensteiner.

Adalbert und Hermann erinnerten sich gerade des letzten Festes und Adalbert meinte, dass eigentlich dieses Fest keinen besonderen Höhepunkt hatte. Als er den Wunsch äußern wollte, dass man hoffentlich am kommenden Fest mehr Freude haben würde, verstummte er jedoch vor Schreck mitten im angefangenen Satz. Ziegelsteine aus der Kellerdecke ihrer Behausung fielen den beiden Gespenstern auf den Kopf. Ein Schuh, es war ein Stiefel aus neumodischem Material - wie Adalbert hinterher feststellte, stak in dem Deckengewölbe. Jetzt hörten sie auch eine Kinderstimme schreien: „Hilf mir! Ich bin eingesunken und stecke fest!“ Eine andere Stimme, auch die eines Jungen, antwortete: „Martin, beweg dich nicht! Du darfst nicht tiefer versinken! Ich ziehe dich raus!“

Adalbert immer noch vor Schreck ganz starr, denn so etwas Seltsames hatte er in seinem langen Gespensterleben noch nicht erlebt, blieb sitzen. Hermann dagegen sprang an die Decke, ergriff den Stiefel und hängte sich daran.

„Ich sinke tiefer! Anton hilf mir, schnell!“, schrie auf der Erde wieder der Junge, den der andere Martin nannte. Hätten die beiden Gespenster jetzt auf die Erde schauen können, so hätten sie den etwa 10-jährigen Martin gesehen, wie sein linkes Bein im Erdreich verschwand. Ein älterer Junge, schätzungsweise 13 Jahre, streckte ihm einen langen Stock hin und rief: „Nun fass doch zu! Weiter kann ich nicht kommen! Sonst versinke ich vielleicht auch noch!“

Während auf der Erde Anton versuchte, seinen kleineren Bruder aus dem vermeintlichen Erdloch herauszuziehen, hing im Keller immer noch Hermännchen am Stiefel. Plötzlich fiel er samt dem Stiefel auf den Boden. Ein furchtbarer Schrei verkündete nichts Gutes. Adalbert wehklagte: „Was hast du getan! Oh Hermann, was hast du getan!“

Hermännchen, vor Schreck so bleich geworden, dass er selbst im sicheren Keller durchscheinend war, stimmte in das Wehklagen seines Gespensterfreundes ein: „Oh weh! Was habe ich getan! Was habe ich getan!“

Sie klagten so laut, dass die beiden Jungs oben auf der Erde ein Wimmern hörten, ohne die Worte zu verstehen. Martin, auf einem Bein hüpfend, meinte: „Du Martin, da ist doch was! Da müssten wir graben!“

„Müssen wir sowieso! Dein Gummistiefel steckt da unten!“, antwortete ihm Anton.

Hermann und Adalbert waren verstummt. Die Kinder liefen davon. Es dauerte schon eine geraume Zeit, ehe Hermann zu reden begann: „Was habe ich getan, oh Adalbert! Was habe ich nur getan!“

Adalbert antwortete ihm nicht, sondern schaute sehr mürrisch, um nicht zu sagen zornig drein. So fühlte Hermann, dass er eine Erklärung für sein Tun dem Adalbert schuldig war. „Weißt du, es kam einfach über mich. Ich sah nur diesen Schuh und fühlte große Angst in mir. Eine innere Stimme sagte zu mir: ‚Festhalten und nicht loslassen, Hermann!´ Und das tat ich dann auch.“

„Hat dich denn der `Große Geist´ geritten, Hermann?“ Wenn Adalbert Hermann sagte, dann wusste der so Genannte, dass er nicht aufmucken durfte. Denn Adalbert, ein sonst sehr ausgeglichenes Gespenst, konnte dann furchtbar jähzornig werden. So etwas kam zwar höchstens aller 100 Jahre vor, aber warum sollte dies Hermännchen heraufbeschwören.

„Entschuldige, lieber Adalbert“, säuselte deshalb Hermann, „es kam wirklich einfach so über mich!“

Schon mit einer anderen Stimme fragte jetzt Adalbert: „Weißt du, was jetzt mit uns geschieht?“

„Das weiß ich, lieber Adalbert. Wir müssen uns dem Eigentümer des komischen Schuhs zeigen. Etwas Schlimmeres kann es nicht geben!“

„So ist es! Wir können nur hoffen, dass man nicht nach diesem verflixten Schuh sucht.“

Adalbert begann, sich bereits auf die neue Situation einzustellen. „Sollte der Eigentümer dieses Schuhs zurückkehren, werde ich versuchen, ihn zu verschrecken.“

„Tu das, lieber Adalbert! Tu das! Du weißt ja, ich muss ihm gehorchen, egal, was er von mir verlangt!“

Die nächsten Minuten saßen die beiden Mühlengespenster schweigend und warteten dem Kommenden.

Und lange brauchten sie nicht zu warten. Kinderstimmen waren zu hören: „Hier war es Anton. Bestimmt, hier war es!“

„Dann werde ich mal graben, Martin.“ Hermann und Adalbert hörten ein Knirschen. Dieses Geräusch werden sie ihr ganzes Gespensterleben nicht mehr vergessen. „Frätsch, frätsch!“ Immer und immer wieder hörten sie es.

„Gleich sehen sie mich!“, flüsterte Hermann ängstlich. Adalbert machte sich bereit, die Ungebetenen zu erschrecken, um sie vielleicht doch noch zu vertreiben.

Kaum schaute der helle Himmel durch ein kleines Loch in der Decke, als auch schon Adalbert sich zu einer schwefelgelben Wolke krümmte, fürchterlich zu stinken begann und zischend an die Oberfläche fuhr. Doch weiter als gerade mal aus dem Loch kam er nicht. Dort hieb ihm Anton den Spaten um die Ohren – in Wirklichkeit schlug Anton ja nur auf diese stinkende Wolke ein.

Adalbert war geschockt! Er vergaß alle Vorsicht und heulend verschwand er in seiner natürlichen Gespenstergestalt wieder im Erdloch.

„Mannomann!“, rief Anton. „Hast du das gesehen! Das sah aus wie ein Mensch!“ Und ehe Martin antworten konnte, grub er wie ein Besessener die Erdgrube auf. Als das Loch so groß war, dass ein Kind darin verschwinden konnte, schrie Anton: „Leuchte hinein, Martin!“

Doch alles, was sie zu sehen bekamen, war Martins Stiefel, der direkt vor ihnen aus dem Loch flog. Hermann versuchte damit, vielleicht doch noch die Menschen von ihrer Behausung fernzuhalten.

„Das ist ja ein tolles Loch!“, schrie Martin erregt. „Zuerst verschluckt es meinen Stiefel, dann spuckt es gelben, stinkenden Rauch und nun kommt mein Stiefel von alleine zurück!“

Anton hatte sich auf den Boden geworfen und richtete den Taschenlampenstrahl in das Loch. Martin tat es ihm nach. Und beide waren vor Überraschung sprachlos.

Sie sahen ein Erdloch, in dem zwei fast durchsichtige Gestalten saßen. Einer war zwergenhaft klein, krümmte sich zusammen und bibberte: „Verschont uns, wir sind gute Gespenster!“

Der andere war mutiger. Er richtete sich sogar auf und sprach sehr forsch: “Ich bin `Seine erhabene Gepensterhaftigkeit Adalbert, der II´. Meine Macht ist unbeschreiblich und gewaltig. Also ziehet davon und vergesst uns! Ehe wir euch ein Leid antun.“

Nach dem ersten Erstaunen meinte Martin kess: „Na, so groß kann deine Macht nicht sein. Sonst hättest du uns doch schon längst vertrieben. Stimmt doch, Anton?!“

„Du hast schon recht!“, antwortete ihm sein Bruder. „Meinst du wirklich, dass das Gespenster sind? Gespenster? Die gibt es doch nur im Märchen und sind Fantasiegebilde!“

„Fantasiegebilde?!“ Adalbert muckte auf: „Fantasiegebilde! Märchen! Wir sind echt und können es euch sofort beweisen!“ Er wandte sich zu Hermann: „Los Hermännchen, jetzt zeigen wir den Ungläubigen unsere Kunst! Fantasiegebilde!!! Wir, die großen Mühlengespenster, die schon viele Hundert Jahre hier im Mühlental leben, wir sind eeeecht!“

Adalbert blies sich auf, sodass sein gesamter Körper den Kellerraum ausfüllte. Mit lautem Knall platzte er und aus Tausenden Stückchen Gespenst setzte er sich wieder zusammen.

„Na? Wer kann so etwas noch? Menschen?!“ Das letzte Wort schrie er den beiden Jungs entgegen.

Hermännchen saß schüchtern in der Ecke. Als Adalbert ihn aufforderte, auch seine Kunst zu zeigen, schüttelte er nur den Kopf und murmelte: „Es hat doch keinen Sinn. Der Ehrencodex unserer Gespenstervereinigung verlangt, dass ich diesem Knirps gehorchen muss.“ Er zeigte auf Martin und begann, schauderhaft zu weinen.

„He, Gespenst! Du musst mir gehorchen?“ Martin war sehr neugierig geworden. Und Hermännchen nickte bestätigend, sich in sein Schicksal ergeben. Doch Adalbert muckte noch immer und haderte mit den Menschenkindern. „Wir gehorchen nur unserem `Allmächtigen Carl Friedrich von und zu der Wasserschlossmühle´. Er ist unser großer Geisterführer. Und du, Knirps, nenne uns nicht `He, Gespenst!´ Hast du vergessen, wie ich heiße? Merke es dir gut, du Knirps! Ich bin `Seine erhabene Gepensterhaftigkeit Adalbert, der II´. Selbst vor unserem `Allmächtigen Carl Friedrich´ brauche ich mich nicht zu verneigen.“

Stolz hob Adalbert sein Haupt. Doch Martin schien sein Namenstitel „Seine erhabene Gepensterhaftigkeit“ nicht zu imponieren.

„Und du erhabenes Gespenst, du nennst mich gefälligst Martin! Und ein Knirps bin ich schon lange nicht mehr. Merke dir das!“ Und weil Martin so schön sich in Rage geredet hatte, fuhr er sogleich über Hermännchen her. „Du musst mir gehorchen?! Wie heißt du überhaupt? Bist du auch solch komisches erhabenes Gespenst? Na, nun rede schon!“

Hermännchen drückte sich noch mehr in seine Ecke. Gäbe es ein Mauseloch, das groß genug für ihn wäre, er würde dorthin verschwinden.

Angstvoll bibberte er: „Nenne mich Hermann, lieber Martin. Nur Hermann.“

Adalbert dagegen gab nicht so schnell auf: „Hermann, lasse dich bei deinem richtigen Namen nennen. Immerhin bist du das älteste Mühlengespenst hier im Mühlental.“

Sich an Martin wendend, sagte er sehr betont und würdevoll: „Das ist `Hermann von der Alten Wassermühle´. Einst war er ein bedeutender Mann – anerkannt und gefürchtet. Er fand als Geist in der ersten Mühle hier im Tal sein Zuhause. Also habe Achtung vor ihm!“

„Aber Adalbert, übertreibe doch nicht schon wieder. Nenne mich nur Hermann oder Hermännchen, wie es die anderen Gespenster tun, lieber Martin.“ Man könnte meinen, das „lieber Martin“ kam direkt aus seinem Gespensterkörper, so hauchte er es.

Anton, der diesen ganzen Spuk als etwas Unglaubliches wahrnahm, mischte sich jetzt in das Gespräch ein. „Hermann, du musst Martin gehorchen? Kannst du mir sagen, warum?“

„Na, weil ich seinen Schuh angefasst habe. Und Adalbert muss dir gehorchen, denn du hast ihn mit deinem Spaten berührt.“

„Anton, jetzt haben wir unsere eigenen Gespenster!“; schrie Martin entzückt. „Wir wünschen uns etwas, und die beiden müssen die Wünsche erfüllen.“

„So ist es nicht!“, motzte Adalbert. „Ihr habt jeder nur einen Wunsch frei und über diesen Wunsch entscheidet unser `Allmächtige Carl Friedrich von und zu der Wasserschlossmühle´. Das ist Gesetz! Und das hat der `Große Gespensterrat´ bereits seit anno 1368 beschlossen!“

Wütend über die Unverschämtheit der beiden Menschenkinder kringelte sich Adalbert zu einem Feuerreif und erhellte den gesamten Kellerraum gespenstisch. Er konnte es sich nicht verkneifen, den Jungs seine Macht und sein Können zu zeigen. Also fuhr er so dicht über ihre in den Keller hängende Köpfe, dass ihre Haare angesengt wurden.

„Lass das ja sein!“, brüllte ihn Anton an.

Hermann bibberte: „Oh Adalbert, sei doch nett zu den Jungs! Wir müssen ihnen doch gehorchen!“

Adalbert hörte zwar mit seiner Vorstellung auf, aber wütend war er noch immer. „Verschwindet jetzt, ihr beiden! Lasst uns allein! Und kommt nie wieder!“, schrie er.

„Und was ist mit unseren Wünschen?“, fragte ihn Anton gelassen. „Du hast doch nicht etwa vergessen, dass mein Spaten dich berührt hat?!“

„Geht, liebe Freunde! Geht! Kehrt in zwei Tagen um Mitternacht zu uns zurück“, säuselte Hermännchen. „Wir feiern dann unser `Großes Fest´. Dort könnt ihr unserem `Allmächtigen Carl Friedrich von und zu der Wasserschlossmühle´ eure Wünsche mitteilen. Er allein hat die Macht, einem Menschen einen Wunsch zu erfüllen.“

„Sag Hermännchen, mein liebes Mühlengespenst, wir nehmen an einem Fest teil?“, fragte Martin.

„Ja, an unserem `Großen Fest´. Wir feiern es in jedem 13. Jahr. Ihr werdet dort auch alle anderen Gäste kennenlernen.“

„Was, es kommen noch andere Menschen?“, fragte Martin.

„Nein, mein lieber Martin. Ihr seid die einzigen Menschen und das seit anno ...“ Hermann überlegte. Es musste wohl schon sehr lange her sein. „Ich glaube es war im Jahr der `Großen Wasserflut´ anno 1836. Ja, ja, es ist schon lange her.“

„Nun sag doch, Hermännchen, mein liebes Gespenst, wer sind denn dann die Gäste?“

Ehe Hermann dem Martin seine Frage beantworten konnte, blubberte Adalbert los: „Es sind die größten und mächtigsten Geister und Gespenster weit und breit. Erblasse, wenn du ihre Namen hörst: der wilde und schreckliche Junker von Rodenstein, `Seine erhabene Wässrigkeit´ – der mächtige Bachgeist. Er hat die Macht, das ganze Mühlental zu überschwemmen oder eine fürchterliche Trockenheit herbeizuwünschen. Nicht vergessen zu erwähnen: die außerordentlich schöne Wassernixe und ihr Ehemann, das Wassergeistlein. Sie hat die außerordentliche Begabung, törichte Menschen so zu verzaubern, dass sie selbst in der kleinsten Pfütze ertrinken und ihr Ehemann – oh, wenn der euch ansieht, wird eurer Blut zu Wasser! Also verschwindet und kommt nicht wieder!“

„Wir sind in zwei Tagen um Mitternacht wieder hier. Du kannst dich drauf verlassen, oller Giftzwerg von einem Gespenst“, erwiderte Anton. Sich an seinen Bruder wendend, sagte er: „Gehen wir nach Hause und überlegen uns unsere Wünsche.“

Bereits zwei Schritte vom Loch entfernt, glaubte Martin, Hermännchen rufen zu hören: „Jeder hat nur einen Wunsch und dem muss unser `Allmächtiger Carl Friedrich´ zustimmen.“

Zwei Tage später ...

 

 

Fortsetzung Teil II - hier!