Der etwas andere Krimi

Mein Tatort!
Mein Tatort!

Der Adler

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von Joachim Größer (2008)

 

Der Kommissar stand vor einer 30 Meter hohen Felswand. Sein Blick richtete sich auf die Oberkante. Dort, wo die Kiefer ihre Wurzeln in die Felsspalte getrieben hatte, dort konnte der Absturz nur erfolgt sein. Da war er sich ganz sicher. Nur, warum klettert ein Mann mittleren Alters zu einer Kiefer, die an der Felskante wächst?

Kommissar Moritz sprach den Arzt an: „Und Sie sind sich bereits ganz sicher, dass keine Fremdeinwirkung zum Tode geführt hat?“

„Zu 90 %“, erwiderte der Arzt, „die 10 % sage ich Ihnen nach der Obduktion.“

Der Kommissar starrte wieder nach oben und sinnierte, laut vor sich hinmurmelnd, über ein Motiv: „Warum klettert ein Mann auf diese Kiefer? Ein Verrückter?“

„Kommissar!“, rief ihn ein Mitarbeiter der Kriminaltechnik. „Wir sind fertig. Wir haben nichts gefunden. Allerdings müssten wir noch einmal hierherkommen, wenn der Schnee weggetaut ist.“

Kommissar Moritz nickte. Dann ging er zum Revierförster. „Herr Schröter, so war doch Ihr Name, wann genau haben Sie den Toten entdeckt?“

„Also, entdeckt hat ihn mein Waldi“, antwortete ihm der Förster. „Er hat die Witterung des Toten aufgenommen und so an der Leine gezogen, dass ich ihn habe frei laufen lassen. Dann hat er den Toten verbellt, genauso wie er es gelernt hat, mein Waldi.“ Der Revierförster tätschelte seinen Rauhaardackel. „Gut, gut, Herr Schröter, aber wann hat der Dackel den Toten gefunden?“

„Also, ich habe zuerst geschaut, ob der Tote noch am Leben ist und dann habe ich die 110 auf meinem Handy gewählt!“ Herr Schröter nickte. „Ja, genauso habe ich das gemacht, Herr Kommissar.“

Kommissar Moritz wurde jetzt unleidig: „Herr Schröter, nennen Sie mir die Uhrzeit, bitte!“

„Es war kurz nach Sonnenaufgang, also müsste es ...“ Der Revierförster schaute in den Himmel. „Ja, es muss gegen ½ 8 gewesen sein, Herr Kommissar.“

„Ja, haben Sie denn keine Uhr?“, schnauzte jetzt der Kommissar.

„Nee, wozu?“, erwiderte der Förster.

Der Kommissar blickte verwundert, dann bedankte er sich bei seinem Gegenüber. Der rief seinen Waldi und beide marschierten geruhsam in den Wald.

„Den Zeugen kann ich vergessen“, knurrte der Kommissar. „Eine Uhr hat er nicht, aber ein Handy.“ Dann äffte er dem Förster nach: „... es müsste gegen ½ 8 gewesen sein, Herr Kommissar!“

Sein Mitarbeiter kam jetzt zu ihm. „Der Leichenwagen ist unten auf dem Waldweg. Können die Männer den Toten abholen?“ Kommissar Moritz nickte und Bernd Tasch winkte zwei Männern, die mit dem Metallsarg auf sein Signal gewartet hatten.

„Tasch“, sagte der Kommissar, „den Förster können wir als Zeugen vergessen. Rufen Sie die Zentrale an und fragen Sie nach der genauen Uhrzeit des Einganges des Notrufes. Dann will ich vom Meteorologischen Dienst wissen, wann der Schneefall eingesetzt hat. Aber bitte keine Antwort akzeptieren, die etwa lautet: ‚Zwischen Mitternacht und 4 Uhr’. Die Brüder können das auch genauer! Auch wäre der Temperaturverlauf für diese Höhe interessant. Genau will ich wissen, ob hier in dieser Höhe in den letzten Tage Frost herrschte. Und schließlich sollen Ihnen die Herren Meteorologen sagen, wann der Schnee wegtaut. An diesem Tag bestellen Sie die KT. Noch Fragen?“

Kriminalassistent Tasch winkte ab und entfernte sich von seinem Chef. Er kannte ihn bereits so gut, dass er jetzt wusste, wie es weiter geht: Der Kommissar Moritz wird sich vor diese Felswand stellen und laut mit sich Selbstgespräche führen. Einmal hatte er ihn gefragt, warum er das mache. Aber er hatte nur einmal gefragt – auf die Antwort wartet er nun schon drei Jahre.

Kommissar Moritz enttäuschte seinen Mitarbeiter nicht. Er stellte sich vor dieser Felswand auf und führte Selbstgespräche. „Hier war ich schon vor mehr als 25 Jahren. Mein erster Fall. Ein junger Mann wurde erschlagen. Diesmal ist ein Mann von der Hangkante gestürzt. Damals war Sommer und jetzt ist Winter. Zwei Tote am selben Platz. Das ist nicht gut, Moritz. Den Fall vor 25 Jahren habe ich nicht aufgeklärt. Und das ist mein einziger unaufgeklärter Fall! Damals war es eindeutig Mord und heute? Unfall oder Mord?“

Der Kommissar schaute sich um. Es war eine verschneite Märchenlandschaft, die er mit detektivischem Blick musterte. Zwanzig Zentimeter Neuschnee verzauberte Bäume und Sträucher. Die Felswand, ein ehemaliger Steinbruch, war über und über mit Eis bedeckt. Lange Eiszapfen, bestimmt drei Meter lang, zeigten an, dass es schon mehrere Tage Frost gegeben haben musste und dass Quellwasser oberhalb der Felskante vorhanden war. Der Kommissar beschloss, sich den Tatort mal von oben anzusehen. Steil ging es den Weg hinauf. Er folgte nur den Fußspuren der Mitarbeiter von der KT, die hier oben, natürlich vergeblich, nach Spuren gesucht hatten. Die Fußspuren führten ihn zum Stacheldrahtzaun, der an dieser Stelle aber niedergetrampelt war. Dann ging er weiter und näherte sich der Felskante bis auf einem Meter. Zuerst versuchte der Kommissar, einen Blick hinunterzuwerfen, aber der Abstand zum Abgrund war zu groß. Also ging er näher heran und dann geschah es. Die Beine wurden ihm weggerissen, er schlug zu Boden und rutschte zum Abgrund. Instinktiv klammerte er sich am Gestrüpp fest, die Beine erwischten die Kiefer, die direkt an der Felskante wuchs. So lag der Kommissar Moritz, leitender Beamter der Mordkommission, und hoffte auf ein Wunder. Das Wunder kam in Gestalt seines eifrigen Assistenten. Der war seinem Chef gefolgt, um ihm die Ergebnisse seiner Nachforschungen mitzuteilen. Den Schrei seines Vorgesetzten hörte er schon, ehe er den Kommissar an dem Abgrund liegen sah. Dann sah er seinen Chef hilflos, sich krampfhaft an einem dünnen Bäumchen festhaltend, im Schnee lang gestreckt liegen.

„Nicht bewegen!“, schrie er.

„Glaubst du, dass ich lebensmüde bin?“, erhielt er grob zur Antwort.

Bernd Tasch nahm seinen Gürtel aus der Hose, prüfte seine Festigkeit, suchte für sich selbst festen Halt und warf dann seinem Chef den Ledergürtel zu. Der griff zu, umklammerte ihn mit der einen Hand, die andere umkrampfte weiterhin das Bäumchen und ganz langsam rutschte Kommissar Moritz aus der Gefahrenzone. Auf einem sicheren Platz neben seinem Assistenten sitzend, räusperte der Kommissar sich und erklärte feierlich. „Tasch, du hast was bei mir gut! Einen Orden kann ich dir nicht geben, aber das ‚Du’ möchte ich dir anbieten. Übrigens ich heiße Max.“

Kommissar Moritz schielte zum Assistenten, doch der zeigte sich gar nicht verwundert darüber, dass sein Chef Max Moritz hieß. „Mein Vater war besessen davon, seinen Sohn Max zu nennen“, erklärte der Kommissar. „Die Schule war wegen meines Namens manchmal ein Martyrium. Wie heißt denn dein Junge?“

„In einem Monat ist es doch erst soweit“, antwortete ihm Bernd Tasch. „Meine Frau wollte ihm einen Modenamen geben.“

„Und was ist zurzeit so in Mode?“, fragte der Kommissar.

„Max!“, feixte Kriminalassistent Tasch. „Er soll Max Tasch heißen!“

„Na ja, Max Tasch klingt besser als Max Moritz!“, grinste jetzt der Kommissar. „Ich konnte den ollen Wilhelm Busch wegen meines Namens nie leiden.“

„Was wolltest du überhaupt hier oben?“, fragte nun der Kommissar.

„Über meine Nachforschungen berichten - soll ich?“

„Warte damit, bis wir wieder unten sind.“ Die Männer erhoben sich. Der Kommissar warf noch einen Blick auf die Unglücksstelle. „Schau mal Bernd!“, sagte er. „Kein Wunder, dass ich weggerutscht bin! Das ist blankes Eis! Vielleicht war es doch auch nur ein Unfall. Aber wieso ist dann der Verunglückte so dicht an die Felskante gegangen? Hat er das Eis nicht gesehen?“

Kommissar Moritz war wieder ganz Kommissar. Er betrachtete genauer den Stacheldraht und konnte Tierhaare erkennen. Dicht daneben war der Stacheldraht blutig. „Hat das die Kriminaltechnik gesehen und gesichert?“, fragte er. „Ich glaube nicht“, erhielt der Kommissar zur Antwort, „die KT hielt das nicht für wichtig.“

„Dann nehmen wir die Beweissicherung vor!“, knurrte Max Moritz ärgerlich. „Den Brüdern werde ich was erzählen!“

Die Tierhaare verschwanden in einer Plastiktüte und in einem Röhrchen landete das abgeschabte, getrocknete Blut von dem Draht.

Wieder unten im ehemaligen Steinbruch berichtete der Assistent: „Die Meteorologen geben den Beginn des Schneefalls mit 20.35 bis 20.45 Uhr sehr exakt an. Die Temperaturen in dieser Höhe schwankten in den letzten fünf Tagen zwischen minus 5 Grad in der Nacht und plus 1 bis 2 Grad am Tage. Tauwetter ist frühestens in einer Woche zu erwarten. Der Notruf des Försters ist um 7. 36 Uhr eingegangen. Dann habe ich von der KT erfahren, dass beim Untersuchen der Kleidung nichts gefunden wurde, was auf den Namen des Opfers hindeutet. Die Kleidung, die der Tote trug, ist die handelsübliche Ware. Offiziell als vermisst ist auch niemand gemeldet. Allerdings wurde auf der benachbarten Polizeiwache nachgefragt, ob es einen Unfall gegeben hätte. Der Frager war eine Frau, die aber keine Vermisstenanzeige erstattete, da ihr Mann oftmals für zwei Tage verschwände.“

„Gut Tasch! Ich brauch Name und Anschrift der Frau!“

„Schon erledigt, Chef!“ Kriminalassistent Tasch übergab ein Stück Papier. „Hier sind Name und Anschrift!“

„Danke und ruf bitte nochmals die KT an. Sie sollen die Kleidung des Toten auf Einrisse untersuchen. Auch die Schuhsohlen sollen sie auf Eindrücke des Stacheldrahtes unter die Lupe nehmen. Der Pathologe möchte den Toten auf typische Wunden, wie sie vom Stacheldraht hervorgerufen werden, untersuchen. Ich gehe jetzt nochmals den Fundort der Leiche ab. In 15 Minuten bin ich am Auto.“

Kommissar Moritz hatte, was seine kriminalistische Arbeit betraf, ganz feste Gewohnheiten. So war es schon ein Ritual, den möglichen Tatort eines Verbrechens selbst nach der Kriminaltechnik zu untersuchen. Auch war es für ihn normal, mit Selbstgesprächen Für und Wider eines Verbrechens abzuwägen, Theorien aufzustellen und zu verwerfen, den Täterkreis einzukreisen oder zu erweitern.

Alle Einzelheiten waren für ihn dabei wichtig. Während er die vereiste Felswand betrachtete, kam ihm wieder sein einziger ungelöster Fall in Erinnerung. Damals, vor 25 Jahren, stand er im Sommer hier. „Da war noch was!“, murmelte er. „Der tote Mann vor 25 Jahren lag weiter links und in unmittelbarer Nähe befand sich ein Gebilde, ein Bild ... Nein, kein Bild – eine Figur! Ja, eine Figur, aus diesem Sandstein gemeißelt. Das war weiter links. Die Büsche gab es damals noch nicht.“

Kommissar Moritz ging durch den Schnee, der noch keine Spuren seiner Mitarbeiter aufwies. In einer kleinen Seitenschlucht entdeckte er das Gesuchte. Es war ein sitzender Adler, mannshoch aus rotem Sandstein gehauen. „Na, du Prachtbursche!“, sprach der Kommissar. „Dich habe ich doch schon vor 25 Jahren bewundert. Dass es dich immer noch gibt?! Nicht beschädigt und nicht gealtert. Du bist der Einzige, der mir helfen könnte: Du hast möglicherweise zwei Morde gesehen!“

Kommissar Moritz klopfte dem Adler auf den Kopf. „Bist wirklich ein Prachtbursche!“

Kommissar Moritz besuchte am Nachmittag gemeinsam mit dem Assistenten die Frau, die ihren Mann vermisste. Er zeigte ihr das Bild und sie erkannte ihren Mann. Sie heulte fürchterlich, sodass der Kommissar schon Zweifel hatte, ob er sie überhaupt noch befragen konnte. Zwischen ihrem Schluchzen verstand er: „Immer und immer wieder hab ich es ihm gesagt: ‚Lass das sein! Hör auf damit!’ Aber nein, er war wie besessen. Ich konnte doch aber meinen eigenen Mann nicht bei der Polizei anzeigen.“

Behutsam befragte Kommissar Moritz jetzt die Frau. „Womit sollte Ihr Mann aufhören? Wovon war er besessen?“

„Na, von der Wilddieberei!“ Und ein heftiges Schluchzen schüttelte ihren Körper. „Gehen Sie in die Scheune! Nehmen sie alles mit! Ich kann es nicht mehr sehen!“

Kommissar Moritz nickte seinem Assistenten zu. Sie gingen vom Wohnhaus zur Scheune. Dort erlebten sie eine Überraschung. Die Scheune war in drei Bereiche geteilt. Während ein Teil als Lagerplatz für Heu und andere landwirtschaftliche Produkte dienten, waren die beiden anderen Bereiche hochinteressant. So war der linke Teil als geschlossener Raum sauber mit Holzwänden verkleidet und dort glaubte man, in einem naturwissenschaftlichen Museum zu sein. Alle heimischen jagdbaren Tiere waren ausgestopft und mit Schildern versehen.

Der Kriminalassistent las laut: „Rotfuchs, 25. Mai 1996 im Taubenwäldchen.“ „Zwölfender, 12. Oktober 2001 an der alten Eiche“, las der Kommissar vor. Mindestens 25 Jagdtrophäen waren fein säuberlich aufgehängt und beschriftet. Köpfe waren aufs Beste präpariert und starrten die beiden Ermittler an. An der rechten Wand lagen, sauber übereinandergelegt, die Tierfelle. Auch wenn Kommissar Moritz keine Ahnung von der Fellgerberei hatte, diese Felle waren von einem Fachmann behandelt worden. Und wer der Fachmann war, sahen sie im dritten Bereich. Dort war die Arbeitsstätte des Wilderers. Wohl an die 100 Flaschen, Fläschchen, Büchsen und Dosen standen auf den Regalen. In dem Bücherregal, das eine ganze Wandfläche füllte, fand Bernd Tasch Spezialliteratur. „Chef“, rief er, „unser Wilddieb war Autodidakt!“ Und Kommissar Moritz sah sich die Buchtitel an. Sie hätten jedem Professionellen zu Ehre gereicht. Der Tote, Franz Büch, wusste, wie die Indianer Nordamerika Fallen aufstellten und Felle gerbten, wie die Taigajäger ihre Felle konservierten, wie die besten Präparatoren in Europa und Übersee arbeiteten. Eine ganze Regalreihe war gefüllt mit Büchern über Chemie, Biologie, Zoologie und Tiermedizin.

„Ich glaube“, murmelte der Kommissar, „Frau Büch kann uns darüber Auskunft geben.“

Beide Kriminalisten begaben sich ins Wohnhaus. „Frau Büch“, fragte Kommissar Moritz so freundlich er konnte, „sind Sie in der Lage, uns einige Fragen zu beantworten?“

Frau Büch nickte. „Fragen Sie nur. Sie erfahren alles von mir. Endlich kann ich mir das alles von der Seele reden!“

„Na, dann erzählen Sie mal“, bat der Kommissar.

Und Frau Büch erzählte und erzählte. Sie redete sich wirklich den ganzen Frust, die Angst, die sie in all den Jahren beherrschte, von der Seele. Seit 30 Jahren waren die Büchs verheiratet. Er war eine „Seele von Mensch“, immer nett und freundlich, vermied jeden Streit und doch hatte ihn ein Ereignis zum Wilddieb werden lassen. Vor 20 Jahren wollte Franz Büch Mitglied im Jagdverein werden. Er musste eine Jagdschein-Prüfung ablegen. Alle Fragen, die sich mit der Theorie befassten, bewältigte er spielend, nur schießen konnte er nicht. Trotzdem hätte er auch ohne Jagdschein, denn der wurde ihm verwehrt, Mitglied im Verein werden können. Es waren auch andere im Verein, ohne selbst Jäger zu sein. Doch dem Franz Büch wurde durch den Vorsitzenden, Herrn Matthias Bach, der Vereinsbeitritt verweigert. Der hatte im Vorfeld der Abstimmung die Mitglieder des Vorstandes so beeinflusst, dass alle geschlossen den Antrag ablehnten. Höhnisch soll der Matthias Bach gesagt haben: „Wer zu dumm ist, mit einem Gewehr ein Scheunentor zu treffen, gehört auch nicht in unseren Jagdverein!“

„Ich habe das Gesicht meines Mannes noch vor Augen, wie er nach dieser diskriminierenden Behandlung nach Hause kam“, sagte Frau Büch. „Hochrot war er im Gesicht. Vor Wut und Scham sprach er nur stockend und dann schwor er, es diesen Männern heimzuzahlen. ‚Ich brauche kein Gewehr, um zu jagen! Diesen Halunken werde ich es zeigen! Ich wildere in ihren Revieren und sie sind zu dumm, um das zu bemerken. Und diesem Strohkopf, diesem Aufschneider, diesem Nichtskönner Bach werde ich jedes Jahr sein bestes Stück Wild erlegen!’ Ja, das hat mein Mann vor 20 Jahren geschworen und er hat seinen Schwur gehalten, so wie er alles, was er versprach, auch hielt.“

 Frau Büch traten die Tränen wieder in die Augen. „Es muss doch einen Grund für diese Ablehnung geben, Frau Büch“, sagte jetzt der Kommissar.

„O ja, den Grund gab es!“, antwortete sie, „Mein Mann ging mit Matthias Bach in eine Klasse. Mein Franz war immer der Klassenbeste und Matthias wurde jedes Jahr mal geradeso versetzt. Auf dem Schulhof und in der Freizeit gab Matthias immer den Ton an. Es gab kaum jemanden, der ihm widersprach. Der Einzige, von dem ich das weiß, war mein Franz. Als der Lehrer Matthias neben Franz setzte, wollte der ständig abschreiben. Und da sich mein Franz weigerte, kam es auf dem Schulhof zu einer großen Prügelei. Franz wurde bestraft, Matthias nicht. Man munkelte, dass der Vater des Matthias, er war der reichste Bauer weit und breit, mit Geschenken erreicht hatte, dass nur Franz bestraft wurde. Und das hat dann auch Franz vor allen Mitschülern laut gesagt. Ach, und noch etwas hat er dem dicken Bach an den Kopf geschmissen ...“ Hier unterbrach Frau Büch und lächelte. „Er hat sich vor dem Matthias gestellt, der überragte ihn um einen Kopf und hat ihn angebrüllt: ‚Jeder Ochse in eurem Stall hat mehr Gehirn als du! Dein Vater erkauft sich mit seinem Geld alles, auch deine Versetzungen! Mich, du Hornochse, mich kauft weder dein Vater noch du! Geht das in deinen Holzkopf hinein?!’ Ja, so war das damals in der 8. Klasse.“

„Sie haben sich das aber gut eingeprägt, Frau Büch“, meinte Bernd Tasch. „Man könnte meinen, sie waren immer dabei.“

„Ja, das war ich auch. Wir gingen alle in dieselbe Klasse. Später trennten sich unsere Wege. Franz Traumberuf war, Tierarzt zu werden. Aber seine Eltern waren genau solche Habenichtse wie meine Eltern. Also lernte er in der Stadt sein Handwerk, er wurde Tischler. Matthias Bach besuchte eine Landwirtschaftsschule und ich versuchte mich als Altenpflegerin. Zusammen bin ich mit Franz schon seit der 8. Klasse. Auch danach haben wir uns immer getroffen. Es stand fest, wir werden auch heiraten. Das wussten alle im Dorf, auch Matthias. Als er von der Landwirtschaftsschule zurückkam, hielt er bei meinem Vater um meine Hand an. Mein Vater sagte auch zu, denn Matthias Bach bot ihm 10.000 Mark für die Erneuerung unseres alten Hauses an. Der dicke Bach wollte mich kaufen. Ich verzankte mich mit meinem Vater und bin von zu Hause fort. Kurz darauf habe ich in aller Stille meinen Franz geheiratet. So, nun wissen Sie alles, Herr Kommissar.“

Die beiden Beamten verabschiedeten sich von Frau Büch. „Es werden Polizisten kommen und alles in der Scheune dokumentieren. Und Sie müssten in der Pathologie Ihren Mann noch identifizieren. Ein Beamter wird Sie mitnehmen und auch wieder nach Hause bringen.“

Als die beiden Ermittler das Auto bestiegen, rannte Frau Büch einen Umschlag schwenkend aus dem Haus. „Herr Kommissar! Herr Kommissar!“, rief sie. Tasch schaltete den Motor wieder ab und Kommissar Moritz öffnete das Fenster. Frau Büch reichte ihm den Briefumschlag. „Wenn mir etwas passiert, hat mein Mann gesagt, dann bring den Brief zur Polizei“, sagte sie.

Während der Fahrt öffnete der Kommissar den Brief. Viel Neues stand nicht darin, das meiste hatten sie schon von Frau Büch erfahren. Ihr Mann hatte im Brief erklärt, dass seine Frau mit der Wilddieberei nichts zu tun habe und ständig versuchte, ihn davon abzuhalten. Er verfügte, dass nach seinem Tode alle präparierten Tiere in eine Schule oder ein Naturkunde-Museum gegeben werden sollten. „Leider sagt er uns nicht, ob es ein Unfall oder Mord war“, seufzte Bernd Tasch. „Na ja“, grinste Max Moritz, „dann würden wir ja vor Langeweile Däumchen drehen.“

Im Büro erfuhr der Kommissar, dass der Tote den Zaun niedergetreten haben musste und dass das Blut am Draht dem Toten zugeordnet werden konnte.

„Die Tierhaare stammten eindeutig von einem großen Hund, vermutlich ein sogenannter Kampfhund, ein Staffordshire Terrier“, meinte der Mitarbeiter der KT. Auch fand man an den braunen Haaren Blutreste, sodass der Kommissar daraus schloss, dass der Hund beim Rennen sich am Draht verletzt haben musste.

Es wurde schon dunkel. So entschied der Kommissar, die weiteren Ermittlungen auf morgen zu verlagern. Trotzdem ließ ihn auch zu Hause dieser Fall nicht los. Ein Mann wird gekränkt und wird dadurch zum Wilddieb. „Das klingt wie aus einem schlechten Heimatfilm“, dachte er. Aber das waren nun mal die Fakten. Seine Frau kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er jetzt nicht für ein Gespräch zu haben war. Zwei Falten auf der Stirn kündeten vom Nachdenken. Aber mit Nachdenken würde er diesen Fall nicht lösen. Er hatte eine Spur und der werde er morgen folgen.

Unruhig schlief Kommissar Moritz. Er wälzte sich hin und her, redete im Schlaf, schreckte auf und saß wach im Bett. „Ich habe die Lösung!“, rief er. Seine Frau schreckte hoch. „Was hast du?“, fragte sie verschlafen. „Ich habe den Fall gelöst. Ich weiß, dass es Mord war und ich kenne den Täter. Und morgen werde ich es beweisen.“

„Schön“, meinte seine Frau, „und ich werde jetzt weiterschlafen.“

Während er auf die ruhigen Atemzüge seiner Frau lauschte, ging ihm nochmals sein Traum durch den Kopf. Er war zum steinernen Adler gegangen, hatte ihn gebeten, ihm den Mörder zu zeigen. Und aus dem Stein wurde ein Tier aus Fleisch und Blut, sprach mit menschlicher Stimme: „Sitz auf!“ Und Max Moritz kroch auf den Adler und der erhob sich mit ihm in die Lüfte. Sie kreisten über den Wald und dann sah Moritz zwei Menschen streiten. Der eine trug einen Rucksack, der andere ein Jagdgewehr. Der Mann mit Rucksack, jetzt erkannte Max Moritz die Gesichtszüge des Toten, winkte heftig ab und wollte weggehen. Doch der andere, ein großer Dicker, nahm sein Gewehr von der Schulter und zielte auf den anderen. „Nun schieß doch!“, schrie der „Tote“. „Das wäre dein zweiter Mord und den kann dir die Polizei beweisen!“

„Nein, dich werde ich nicht erschießen!“, schrie jetzt der Dicke. „Du wirst anders sterben und keiner wird mich verdächtigen!“ Der Dicke führte zwei Hunde mit sich. Die ließ er nun von der Leine und befahl: „Fass! Fass!“ Er zeigte auf den Mann mit Rucksack, der so schnell er konnte, durch den Wald lief. Die Hunde sprangen ihn an und er konnte sie abschütteln, indem er ihnen den Rucksack hinwarf. Den zerfetzten die Hunde und fraßen den Inhalt. Doch der Vorsprung reichte dem Manne nicht. Die Hunde hetzten ihn und angefeuert vom Dicken, der mit hochrotem Gesicht und fliegendem Atem angerannt kam, jagten sie dem Mann hinterher. Der trat den Stacheldraht im Laufen nieder. Der Kommissar sah, wie der Mann in der Nähe der Felskante ausrutschte und zum Abgrund schlitterte. Er fiel aber nicht hinunter, sondern ergriff instinktiv den Stamm der Kiefer und hielt sich daran krampfhaft fest. „Hilf mir!“, schrie er zum Dicken. Doch der verhöhnte ihn: „Hilf dir selbst!“ Und der Mann über den Abgrund versuchte, sich an der Kiefer hochzuziehen. Fast wäre ihm das auch gelungen. Da nahm der Dicke einen fußballgroßen Stein und schmiss mit voller Kraft. Er traf den Mann am Kopf. Der Aufschrei des Getroffenen hatte dann Max Moritz aus seinem Traum gerissen.

Der Schlaf kam jetzt nicht mehr. Zeitiger als sonst stand er auf und fuhr ins Büro. Kurz nach ihm traf sein Assistent ein, den er schon von zu Hause aus ins Büro bestellt hatte. „Gibt es einen Grund, mich um 5 Uhr aus dem Bett zu holen?“, fragte er. „Ja“, feixte Max Moritz, „wir überführen einen Mörder!“

Und dann forderte der Kommissar mindestens 20 Beamte an, die ein Waldstück durchkämmen sollten. Auch einen Hundeführer bestellte er für 8 Uhr. Auf dem Hof standen nun die Einsatzfahrzeuge und man wartete nur noch auf den Hundeführer. „Das liebt mein Bello gar nicht!“, knurrte der, als ihn Kommissar Moritz mit den Worten begrüßte: „Na, endlich aus dem Bett gefunden!“

Der Wagentross setzte sich in Bewegung. Der Kommissar wies das Waldstück den Beamten zu. „Wir suchen nach einem zerfetzten Rucksack. Er wird unter Schnee liegen. Wenn wir Glück haben, ragt vielleicht ein Riemen oder eine Schnalle aus dem Schnee hervor. Auf geht’s!“ Und die Polizeibeamten durchkämmten das Waldstück. Ihre Fußabdrücke im Schnee zeigte ihnen, wo sie schon gesucht hatten. Als sie die dritte Spur zogen, schrie ein Beamter: „Das könnte der Rucksack sein!“ Und er war es! Wenigstens das, was von ihm übrig war - völlig zerfetzt, blutverschmiert und ein Büschel mit rötlich-grauen Tierhaaren.

„So“, kommentierte Kommissar Moritz den Fund und wandte sich zum Hundeführer, „jetzt kommt dein Bello dran. Du bist so stolz auf deinen Hund und hast du mir nicht erzählt, er hätte eine Supernase! Jetzt muss er es beweisen!“

„Er soll eine Spur unter dem Schnee verfolgen?“, fragte der Hundeführer. „Ja, er soll zeigen, was er kann, dein Wunderhund Bello.“ Moritz feixte. Das Gesicht seines Gegenüber sagte alles. „Also Moritz, versuchen können wir das, aber ich glaube nicht an den Erfolg!“

Der Hund nahm die Witterung auf und zog kräftig an der Leine. Doch dann setzte er sich. „Ich hab es doch gesagt, Moritz. Das kann kein Hund.“

„Na ja“, kommentierte der Kommissar, „geholfen hat mir dein Bello schon. Er hat mir die Richtung vorgegeben. Aber ich werde ihn nochmals brauchen.“

Sie marschierten jetzt zu dritt in die vom Hund vorgegebene Richtung. Nach 10 Minuten erreichten sie den Steinbruch. Der Kommissar strahlte: „Das hat funktioniert. Jetzt Bello musst du einen blutverschmierten Stein unter dem Schnee suchen. Kannst du das?“ Bello wedelte freundlich mit dem Schwanz. „Also Moritz, wir arbeiten jetzt schon mindestens 15 Jahre zusammen, aber so was Verrücktes hast du noch nie von meinen Hunden verlangt!“

„Probieren wir’s doch!“ Der Kommissar führte den Hund zur Stelle, wo der Tote gelegen hatte und hielt ihm den Rucksack vor die Schnauze. „Such! Such!“ Zuerst blieb er dort stehen, wo der Tote gelegen hatte. Dann ein zweiter, ein dritter Versuch. Bello machte seiner Supernase Ehre. Etwa 8 Meter vom Fundort der Leiche stand der Hund und bellte. Schon wollte er den Schnee beiseite scharren, als Kommissar Moritz schrie: "Zurück! Das mache ich!“ Der Hundeführer zog an der Leine und der Kommissar zog sich Handschuhe an und legte vorsichtig einen Stein frei. Er war wirklich an der einen Seite mit Blut verschmiert. Als sein Assistent den Stein mit bloßen Händen in die Plastiktüte legen wollte, fauchte Kommissar Moritz: „Wenn wir Glück haben, finden wir am Stein noch Hautpartikel vom Mörder!“ Kriminalassistent Tasch schaute ungläubig. „Vom Mörder?“ „Ja doch, von wem denn sonst!“, grinste jetzt der Kommissar.

Die Mitarbeiter des Labors mussten auf die Mittagspause verzichten, ein unleidlicher Kommissar drängte zur Eile. Dann endlich hatte er das Ergebnis. Ja, das war der Rucksack des Toten – ja, es steckte mal ein Rotfuchs im Rucksack – ja, am Stein klebte das Blut des Toten. „Und? Und?“, fragte der Kommissar ungeduldig. „Ja, was na und?“, fragte die Laborleiterin Frau Dr. Mark. „Waren noch Hautpartikel am Stein? Haut von einem Unbekannten?“ Dr. Mark schlug in ihrer Kladde nach. „Hier ist noch kein Vermerk, vielleicht noch in Arbeit! Ich schau mal.“

Ungeduldig trampelte Kommissar von einem Bein aufs andere. Dann nach 10 Minuten kam ein junger Mann im weißen Kittel. „Kommissar Moritz?“, fragte er. Moritz nickte. „Ja, wir haben Hautpartikel und eine winzige Blutstelle entdeckt. Das dauert aber noch etwas. In 5 Stunden haben Sie das Ergebnis!“

Kommissar Moritz schaute auf die Armbanduhr. „Nee, nicht in 5, höchstens 3 ½ Stunden! Einverstanden?“

„Wir bemühen uns, Kommissar“, antwortete der Laborant.

Kommissar Moritz war’s zufrieden. „Jetzt besuchen wir den Mörder“, sagte er zu seinem Assistenten. Kriminalassistent Tasch hatte es aufgegeben, die sogenannten Geistesblitze seines Chefs zu erforschen. Allerdings - so zielstrebig, wie der Kommissar heute die Suche nach einem Mörder gestaltet hat, so hatte er ihn noch nie erlebt. Fragen brauchte er auch nicht, denn die Antwort kannte er schon: „Du brauchst nur die richtige Nase!“

„Wohin geht’s?“, fragte Tasch seinen Chef. „Dorthin, wo du jetzt auch hinfahren würdest“, bekam er zur Antwort. Also fuhr Bernd Tasch zur Adresse des Großbauern Matthias Bach. Da der Kommissar sein „Denkergesicht“ machte, ging auch Tasch seinen Gedanken nach. Er kam nicht dahinter, welche Fakten er übersehen hat, die sein Chef wusste. Nie war die Rede von einem Rucksack gewesen und warum wurde der gerade in diesem Waldstück gesucht und gefunden? Wie kam der Kommissar auf die Idee, dass Franz Büch mit einem Stein erschlagen wurde? So sehr er auch grübelte, auf eine vernünftige Lösung kam er nicht. Nach Abschluss der Ermittlungen, das nahm er sich vor, würde er aber Kommissar Moritz fragen.

Der grübelte auch. Sein verrückter Traum ließ ihn nicht los. Alles in ihren Ermittlungen entwickelte sich so, wie er es bildlich im Traum erlebt hatte. Und der Franz Büch hatte geschrien „Das wäre dein zweiter Mord und den kann dir die Polizei beweisen!“ Natürlich dachte er damit sofort an seinen ersten und bis heute ungelösten Fall vor nunmehr 25 Jahren. Es muss eine Verbindung geben, aber welche. Heute konnte er Matthias Bach noch nicht wegen Doppelmordes festnehmen, aber ...

„Wir sind da, Chef!“ Kommissar Moritz zuckte zusammen. Tasch hatte vor dem Gehöft gehalten. „Fahr nur durch das Tor auf den Hof“, sagte er. „Uns muss nicht das ganze Dorf bei der Festnahme zusehen.“

Kaum hatte Tasch den Wagen auf den Hof gefahren, kam schreiend ein aufgebrachter Mann auf sie zu. „Hier ist kein Parkplatz! Stellen Sie sich gefälligst auf die Straße oder ist die zu schmal für die Städter!“

Kommissar Moritz stieg aus. „Wenn Sie es wünschen, dass Ihrer Festnahme das ganze Dorf zusieht, bitte? Tasch, fahr den Wagen auf die Straße!“ Moritz wandte sich an den Herrn Bach, denn der war der Grobian. Er hatte ihn aus seinem Traum sofort erkannt. Er zog seinen Polizeiausweis aus der Manteltasche und hielt ihn Matthias Bach vor die Nase. „Kriminalkommissar Moritz, ich leite die Ermittlungen im Mordfall Franz Büch. Mein Kollege Tasch wird gleich zu uns kommen.“

Matthias Bach war bei dem Wort „Mordfall“ zusammengezuckt. Er war bemüht, sich nichts anmerken zu lassen und fuhr in seiner groben, ungehobelten Art fort, den Kommissar anzugehen.

„Was wollen Sie da bei mir? Ich habe den Büch nicht umgebracht! Suchen Sie sich Ihren Mörder sonst wo! Und außerdem ist es um diesen Habenichts Büch nicht schade! Ein Schmarotzer weniger auf dieser Welt!“

„Herr Bach, ich glaube, Sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich werde jetzt eine Festnahme vornehmen und zwar werde ich Sie vorläufig festnehmen! Vorher will ich ihre beiden Hunde sehen.“

Zwar merkte Bach, dass er mit seiner Grobheit beim Kommissar nicht ankam, versuchte aber nochmals: „Haben Sie denn einen Haftbefehl? Nein, dann verschwinden Sie! Alles andere regelt mein Anwalt!“

Kommissar Moritz entgegnete in aller Ruhe: „Herr Bach, für eine vorläufige Festnahme brauche ich keinen Haftbefehl. Sollte sich Ihre Unschuld herausstellen, sind Sie in 24 Stunden wieder auf freiem Fuß. So, und jetzt zeigen Sie mir Ihre Hunde oder ich lasse einen Polizeieinsatzwagen mit Blaulicht hier anrücken! Also, was ist, Herr Bach?“

„Das werden Sie noch bereuen, Sie Kommissar, Sie! Das lasse ich mir nicht gefallen! Sie leben von meinen Steuern und wollen mich verhaften! Sie, Sie ...!“

„Vorsicht, Herr Bach“, unterbrach ihn Kriminalassistenten Tasch, „Beamtenbeleidigung ist auch strafbar!“

Bach winkte mit der Hand ab und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, in den hinteren Teil des Hofes. Dort, in einem Zwinger, standen aufmerksam zwei sehr kräftige Staffordshire Terrier.

„Bitte gehen Sie in den Zwinger und zeigen Sie mir die Hunde einzeln“, sagte der Kommissar ganz ruhig und gelassen. Doch diese Ruhe reizte Bach. „Gehen Sie doch alleine rein“, schrie er, „mal sehen, was von Ihnen übrig bleibt!“

Der Kommissar ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Tasch“, sagte er, „ruf an, wir brauchen einen Einsatzwagen, der Tierarzt soll gleich mit seinen Betäubungsutensilien mitkommen und sie sollen mit Sondersignal fahren.“

Tasch zog das Handy aus der Tasche und wählte. „Nicht nötig, dass Ihre Leute unser friedliches Dorf aufschrecken“, knurrte Matthias Bach. Kommissar Moritz nickte Tasch lächelnd zu und der ließ das Handy verschwinden.

Bach ging in den Zwinger. Die Hunde kamen winselnd zu ihm und leckten seine Hände. „Brav, brav“, murmelte Matthias Bach.

„Bringen Sie den ersten zu uns!“, befahl der Kommissar und gehorsam drückte Matthias Bach den Hund an die Gitterstäbe. Aufmerksam schauten die beiden Ermittler nach Verletzungen. „Bitte drehen Sie den Hund. Wir wollen die andere Seite sehen.“

Dieser Hund wies keinerlei Verletzungen auf. „Bitte Herr Bach, das Gleiche jetzt mit dem anderen Hund.“

Und dieser Hund hatte eine frische Risswunde am Rücken, die nicht behandelt wurde. Schorf hatte sich gebildet. „Herr Bach“, sagte Kommissar Moritz freundlich, „bitte streifen Sie vorsichtig etwas Schorf in dieses Röhrchen. Aber bitte vorsichtig, Sie wollen Ihrem Hund doch nicht wehtun.“ Bernd Tasch drehte sich weg, hastig ein Lachen unterdrücken. Folgsam erfüllte Herr Bach die Forderung. Auch als ihm der Kommissar eine kleine Schere gab und er ein paar Haare des Hundes haben wollte, führte Matthias Bach dies ohne zu murren aus. Überhaupt hatte sich der Mann von einem aufgeblasenen Gernegroß zu einem scheinbar normalen Menschen gewandelt.

„Verabschieden Sie sich von Ihrer Frau“, sagte Kommissar Moritz. Die Antwort, die er erhielt, verwunderte ihn nicht. „Ich lebe allein. Ich bin geschieden.“

„Haben Sie jemanden, der das Vieh versorgt und das Haus hüten kann?“

Statt einer Antwort schrie Bach: „Egon! Egon!“

Verstört kam ein kleiner älterer Mann herbeigeeilt. „Ja, Herr Bach?“, fragte er unterwürfig.

„Ich fahre für einige Stunden mit diesen Herren weg! Du bist mir für alles, was hier geschieht, verantwortlich! Hast du das verstanden?“

„Aber ja, Herr Bach. Wann werden Sie zurück sein?“

„Ich sagte doch – in einigen Stunden. Fahren wir meine Herren!“

Demonstrativ ging Bach zum Auto. Tasch zückte die Handschellen, doch Kommissar Moritz winkte ab. „Erst im Auto! Der Egon hat doch sowieso schon alles mitbekommen und macht sich seinen eigenen Reim auf unseren Besuch.“

Während der Autofahrt wurde nicht gesprochen. Die Vernehmung wurde aber erst durchgeführt, als der Anwalt des Herrn Bach erschienen war. Kommissar Moritz hatte dies so gedeichselt, wollte er doch alle Untersuchungsergebnisse auf dem Tisch haben. Und dazu gehörte auch die DNS-Analyse einer Speichelprobe, die Herr Matthias Bach dem Kommissar ohne Widerstand gegeben hatte.

Eine Stunde wartete der Anwalt bereits, beschwerte sich darüber beim Kriminalassistenten Tasch. Doch der konterte nur: „Aber Herr Anwalt, wir wollen doch keine Fehler machen und warten deshalb die Untersuchungsergebnisse ab.“

Dann kam Kommissar Moritz ins Vernehmungszimmer. Am Gesichtsausdruck seines Vorgesetzten sah Tasch, dass er „seinen Mörder“ hinter Gitter bringen wird. So verlief auch die Vernehmung zügig. Matthias Bach gab zu, Franz Büch im Wald beim Fallenstellen erwischt zu haben. Er gab zu, dass die Hunde Büch angegriffen hatten, aber nicht, um ihn zu töten, sondern - sie hätten den Fuchs im Rucksack gewittert. Er hätte die Hunde nicht auf Büch gehetzt und ihn nicht von der Felskante in den Abgrund gestoßen.

„Das sind doch alles nur Vermutungen, Herr Moritz!“, sagte der Anwalt. Bach glaubte, dass er noch einmal davonkommen könnte, und so fuhr er Kommissar Moritz grob an: „Sehen Sie, nichts habe ich getan! Sie wollen mir einen Mord anhängen und dabei war das ein Unfall!“ Und zum Anwalt gewandt, fragte er: „Können wir gehen?“

„Wann Sie gehen, Herr Bach entscheiden wir. Und ich behaupte mal, das dauert etliche Jährchen. Also nehmen Sie Platz!“

Der Anwalt unternahm einen neuen Versuch, seinen Mandanten freizusprechen. „Mit diesen Fakten wird kein Richter Herrn Bach schuldig sprechen. Aber das wissen Sie doch auch, Herr Moritz!“

„Herr Bach“, fuhr der Kommissar mit seiner Vernehmung fort, „wir haben einen Stein mit dem Blut von Franz Büch am Tatort gefunden. Haben Sie dafür eine Erklärung?“

„Er wird beim Aufprall darauf gestürzt sein“, erwiderte forsch Matthias Bach.

„Wie ist das möglich, dass dann der Stein genau 8,40 Meter vom Kopf des Toten entfernt lag?“

„Woher soll ich das wissen?“ Noch gab sich Bach unschuldig.

„Dann erklären Sie mir, wie Ihre Hautpartikel an den Stein gekommen sind?“ Bach verbarg hastig seine Hände. „Zeigen Sie doch mal die Innenflächen Ihrer Hände.“ Und widerwillig öffnete Bach die Handflächen. Sehen Sie, diese kleine Schramme überführt Sie.“

Der Anwalt stutzte. Als der Beschuldigte antworten wollte, sagte er nur: „Jetzt überlassen Sie mir die Antworten.“ Und an den Kommissar gewandt, bat er um eine Unterredung mit seinem Mandanten unter vier Augen.

Draußen meinte Bernd Tasch: „Chef, jetzt haben wir ihn!“

„Für diesen Mord ja, aber ich habe noch einen Mordfall, der seit 25 Jahren nicht gelöst ist. Und dieser Bach ist mein Verdächtigter!“

„Wie, so ein alter Fall. Aber nach solch langer Zeit? Und die Beweise?“

„Tasch, jetzt kannst du dich beweisen. Ich habe mir die alten Akten kommen lassen. Arbeite sie durch. Vielleicht fällt dir etwas auf, was ich immer übersehen habe.“

„Chef, bitte nicht heute Abend! Wir haben diesen Abend seit einem Vierteljahr verplant!“

Kommissar Moritz schmunzelte. „Na ja! Dann werde ich eine kleine Nachtschicht einlegen.“

Die weitere Vernehmung des Tatverdächtigen Bach verlief reibungslos. Auf Anraten seines Anwaltes legte Matthias Bach ein volles Geständnis ab. Der Anwalt betonte immer und immer wieder, dass sein Mandant nie die Absicht zum Töten gehabt hätte und es doch kein Mord gewesen sei.

„Das erklären Sie und Herr Bach bitte dem Gericht“, entgegnete der Kommissar und rief einen Beamten herein, der den Matthias Bach abführte.

Bereits, nachdem sich sein Assistent nach Hause verabschiedet hatte, rief Max Moritz den Polizeipsychologen an. „Harald, ich muss dich noch heute unbedingt sprechen. Ich komme in dein Büro.“ Und ehe sein Freund Harald Meyer antworten konnte, legte er auf.

„Das ist unfair von dir“, bemerkte der Psychologe, nachdem ihn der Kommissar begrüßt hatte. „Du hast mir ja noch nicht mal Zeit für eine Antwort gegeben.“

„Harald, ich halte dich bestimmt nicht lange auf. Aber ich muss mit jemandem reden. Das ist kein dienstliches Gespräch, sondern privat. Ist das klar?“

„Ist schon gut, Max. Ich gebe dir eine halbe Stunde.“

Diese halbe Stunde nutzt Max Moritz und sprach über seinen Traum. Darüber, dass alles, aber auch alles, was er in diesem Traum erlebt hatte, so gewesen war. Die gesicherten Beweise würden dies ja belegen.

„So, nun weißt du, was mich quält. Immer betonst du, dass du die Seele der Menschen verstehst. Welche Erklärung gibst du mir nun?“

„Max, dieser Fall hat dich mehr berührt, als die anderen. Ich gehe mal davon aus, dass es der Fakt ist, dass dort schon einmal vor 25 Jahren ein Mensch zu Tode kam. Den Fall konntest du als Anfänger nicht lösen. Das hat dich immer beschäftigt, immer hast du dir gesagt, ein Mörder läuft frei herum und du seiest schuld daran. Die Lösung des jetzigen Falles hast du dir schon so etwa aufgrund deiner Ermittlungen und Befragung der Witwe zurechtgelegt. Dein Traum hat es dir vom Unterbewusstsein ins Bewusstsein gebracht. Einverstanden mit meiner Erklärung?“

„Vielleicht hast du recht, Harald. Ich danke dir, dass du mir zugehört hast“

Verschwiegen hatte Kommissar Moritz seinem Freund, dass er den Matthias Bach für einen Doppelmörder hält.

Zu Hause las er wieder und wieder die alten Akten. Es war schon weit nach Mitternacht, als er sich entschloss, ins Bett zu gehen. „Nun Adler, ich komme nicht weiter. Zeige mir, was vor 25 Jahren im alten Steinbruch geschah“, dachte er, als er die Augen schloss.

Aber aufs Schlafen hoffte er nur. Die Kirchenuhr schlug 1 Uhr, dann 2, und auch als er drei Schläge zählte, grübelte er immer noch über seinen einzigen nicht gelösten Mordfall nach. Dann fiel er doch in einen unruhigen Schlaf. Und er träumte auch wieder. Nur diesmal war er nicht der Kommissar, sondern ein Beobachter. Er sah, wie zwei Männer sich begegneten. Beide waren ihm bekannt. Es waren Bach und Büch, aber bedeutend jünger. Er hörte den Bach schimpfen: „Raus aus meinem Wald! Hier bestimme ich, denn ich bin der Eigentümer!“ Und Büch lachte ihn aus: „Du glaubst, dir gehört alles. Aber noch gibt es kein Gesetz, das einen Spaziergang durch deinen Wald verbietet.“ Sprach’s und marschierte weiter.

Bach fluchte fürchterlich, doch dann drohte er nur mit der Faust dem Davoneilenden hinterher. Die Hammerschläge, die nun zu hören waren, brachten den Matthias Bach erneut in Rage. „Dieser Steineklopfer! Dieser sogenannte Künstler beunruhigt mein Wild! Dem werde ich zeigen, wer hier der Herr ist!“

Matthias Bach hetzte zum alten Steinbruch. Dort stand ein jüngerer Mann und bewunderte seine Arbeit. Als er Herrn Bach hörte, drehte er sich freundlich um: „Schauen Sie, mein Herr! Wie gefällt Ihnen mein Adler?“

„Dein Adler? Das ist mein Wald, mein Steinbruch, mein Stein, aus dem du ohne meine Erlaubnis den Adler hautest! Und mit meinem Stein mache ich, was ich will!“

Er nahm den Meißel und den Hammer und wollte damit das Werk des Künstlers zerstören. Der erste Schlag brachte nur eine Kerbe im Sandstein. Bach holte zum zweiten Schlag aus. Der junge Mann schrie: „Nein, nicht! Sie zerstören mein erstes Werk!“ Und er fiel dem Bach in den Arm. Der haute trotzdem zu und der Hammer traf den Meißel nicht voll und rutschte ab. Bach schrie vor Schmerzen auf. Blut tropfte auf den Boden. „Du wagst es, mich anzugreifen!“, schrie er wütend. Dann hob er den Hammer und schlug mit ihm auf den Kopf des jungen Künstlers. Der fiel augenblicklich zu Boden. Jetzt erst merkte Bach, was ihm sein Jähzorn eingebrockt hatte. Jetzt erst begann er, kühl und logisch zu denken. Er wischte Hammerstiel und Meißel mit seinem Taschentuch ab. Beide Werkzeuge schmiss er neben den jungen Mann, schaute nach Fußspuren, und als er seine auf dem Pfad entdeckte, brach er einen Ast und schliff den hinter sich her, immer kontrollierend, ob auch keine Spur ihn verraten konnte.

„Maaax! Maaax!“ Jemand rief ihn. Aber wer? Er stand noch immer im Wald, Bach war längst verschwunden, nur der Adler und sein Schöpfer waren zu sehen. Der junge Mann erhob sich. Von der Stirn floss Blut. „Du hast alles gesehen!“, sagte er zum steinernen Adler. „Du wirst mich rächen!“ Dann stürzte er zu Boden.

„Max, jetzt reicht es aber! Weißt du eigentlich, wie spät es ist? Noch nie bist du zu spät zum Dienst gekommen! Jetzt mach dich aus dem Bett!“ Max Moritz schlug die Augen auf. Seine Gerlinde zog ihm die Bettdecke weg. „Wie spät ist es denn?“, fragte Max Moritz erschrocken. „Noch genug Zeit zum Frühstücken“, lachte seine Frau. “Komm, der Kaffee ist schon eingegossen.“

„Gerlinde, kannst du auf die Schnelle Urlaub anmelden?“

„Erstaunt schaute seine Frau hoch. „Max, sag das noch mal! Ich soll schnell Urlaub nehmen?“

„Ja, ich dachte so ab nächster Woche – für drei Wochen. Südsee oder Alaska oder die Normandie oder ... ? Ach, am besten du suchst das Reiseziel aus. Ich verspreche, ich maule nicht.“

„Wirklich nicht?“ Ungläubig schaute Frau Moritz ihren Mann an. Dann kam ihr etwas in den Sinn: „Sag mal, gibt es einen Grund für Urlaub?“

„Ich hoffe: ja. Genaueres erzähle ich dir heute Abend.“

Im Büro erwartete ihn schon sein Assistent. „Soll ich die alten Akten durcharbeiten?“, fragte er.

„Ich glaube, das ist nicht mehr nötig“, erwiderte sein Chef. Kommissar Moritz nahm die Akten aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Dann zeigte er auf die Fotos. „Hier, diesen Meißel und den Hammer holen wir aus der Asservatenkammer. Dann gehen beide ins Labor.“

Der Beamte gab ihnen verwundert die Beutel aus dem Behälter. „Das ist doch schon 25 Jahre her?“, sagte er erstaunt. „Habt wohl nichts zu tun?“

Doch Kommissar Moritz ließ sich auf kein Gespräch ein. Schnellen Schrittes ging er zum Labor. Die Laborleiterin empfing ihn freundlich: „Glückwunsch zum gelösten Fall!“

„Danke, ich habe aber noch Arbeit für Ihr Labor.“ Moritz übergab ihr die Beutel mit Hammer und Meißel. „Bitte suchen Sie beide Werkzeuge nach Blut ab. Ich vermute auf beiden, bestimmt aber auf dem scharfkantigen Meißelkopf, gibt es Blut, das nicht vom Opfer stammt. Finden Sie etwas, so vergleichen Sie die DNS mit der des Matthias Bach.“

„Gut, Kommissar“, antwortete Frau Dr. Mark, „in einer Woche haben Sie die Ergebnisse.“

„Nee, Frau Dr.“, lachte Kommissar Moritz, „in einer Woche habe ich Urlaub! In drei, nun gut ... in vier Stunden bitte alles auf meinen Schreibtisch.“

„Aber, Herr Moritz!“ Die Laborleiterin winkte verärgert ab. Sie schaute auf die Anhängsel der Beutel. „Was?“, stöhnte sie. „Der Fall ist 25 Jahre alt und jetzt hat der Moritz noch nicht mal eine Woche Zeit für die Analysen!“

Kommissar Moritz fuhr mit seinem Assistenten noch einmal zum Steinbruch. Dass Vorgesetzte wunderlich sein konnten, das wusste Bernd Tasch schon lange. Aber so, wie sich am Adler sein Chef jetzt aufführte, so hatte er ihn noch nicht erlebt. Er stand vor dem Adler, stürzte zu Boden, richtete sich auf. Das wiederholte er mehrmals, und dann winkte er seinem Assistenten.

„Bernd, du bist größer als ich. Du bist der Mörder, ich das Opfer. Komm, wir müssen etwas nachvollziehen!“

Und Kommissar Moritz spielte mit seinem Assistenten den Handlungsablauf durch, so wie er ihn im Traum erlebt hatte. Nach mehrmaligem Probieren und kleineren Korrekturen meinte Kommissar Moritz zufrieden: „Tasch, heute schließe ich meinen ungelösten Fall ab.“

„Du glaubst, der Bach ...?“

„Ja, und nach dem Mittag beweise ich es ihm!“ Dann schaute er nochmals zum Adler. „Bernd, geh schon ins Auto. Ich komme gleich nach.“

Als Bernd Tasch außer Hörweite war, ging Max Moritz die drei Schritte zum Adler. „So, du hast deinen Schöpfer gerächt. Deine Aufgabe ist damit erfüllt. Bitte lass mich in Zukunft meine Fälle wieder allein lösen! Ist das klar?“

Der Kommissar tätschelte dem Adler den Kopf. Dann ging er langsam zum Auto. „Mensch Moritz!“, murmelte er, „wirst du senil? Du redest mit einem steinernen Adler. Ach, was soll’s, ich habe meinen ersten Fall gelöst!“

Sie waren auf dem Flur, als in ihrem Büro das Telefon klingelte. Der Kriminalassistent rannte voraus und empfing seinen Vorgesetzten mit strahlendem Gesicht. „Volltreffer, Chef! Es war der Bach!“

„Na, dann ruf an, sie sollen den Bach hochbringen.“

Matthias Bach war nicht mehr der starke, mächtige Mann. Kommissar Moritz brauchte keine Tricks und Kniffe anwenden, um Bach zum Reden zu bringen. Er gestand, den Künstler Gero Fritsch im Affekt erschlagen zu haben. Ein gebrochener Mann wurde aus dem Büro abgeführt.

Kurz vor Feierabend klingelte das Telefon. Der Polizeipräsident bat Kommissar Moritz zu einem kurzen Gespräch.

„Mein lieber Moritz“, sagte er sehr jovial, „ich möchte Ihnen herzlich gratulieren. Nun gibt es keinen ungelösten Fall mehr - so wurde mir berichtet. Und das kann nicht jeder Kriminalist von sich sagen. Also, meinen herzlichen Glückwunsch. Sie waren heute das Gesprächsthema Nr. 1.“

Der Polizeipräsident ging zum Aktenschrank und holte eine Flasche Cognac hervor. „Für besondere Angelegenheiten!“, kommentierte er mit Augenzwinkern. „Moritz, kann ich Ihnen einen Wunsch erfüllen?“

„Ja, Herr Präsident“, antworte Kommissar Moritz und prostete seinem obersten Dienstherrn zu, „das können Sie wirklich!“

„Na dann, wünschen Sie!“

„Mein Assistent, der Bernd Tasch, ist ein guter Mann. Er verdient eine Beförderung! Es wäre auch gut für meine Abteilung. Und nun meine zweite Bitte: Ich brauche dringend einen längeren Urlaub und den möchte ich nächste Woche antreten. Tasch kann dann meine Abteilung als Kommissar leiten.“

„Sie denken wirklich an alles, mein lieber Moritz. Also gewährt! Ich wünsche Ihnen dann einen schönen Urlaub. Wohin geht’s denn?“

„Das, Herr Präsident, weiß nur meine Frau!“