Politik in Geschichten: Stammtischgespräche

Stammtischgespräche

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von Joachim Größer (2019)

 

3. Von Freundschaft und Hilfe

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Es war ein herrlicher Altweibersommertag. Die Tische vor der Gaststätte waren gut besetzt; der Wirt hatte alle Hände voll zu tun. Kein Wunder also, dass seine Frau am Ausschank aushalf.

Der Stammtisch war besetzt, die drei Freunde tranken mit kleinen Schlücken das herrlich kalte Bier.

„Sagt mal“, fragte Eberhard, „wollte der Friedhelm nicht auch kommen?“

„Also ich habe ihm noch von Weitem zugewinkt. Hatte aber nicht den Eindruck, dass er mich

gesehen hat. Die Gartenarbeit schafft ihn wohl?“

„Hast du seine Hände gesehen? Weich und ohne jede Schwiele! Körperliche Handarbeit ist nicht sein Ding. Der Mann ist der typische Kopfarbeiter! Aber sehr sympathisch.“

„Ja Horst, da stimme ich dir zu.“ Helmut nickte zustimmend. „Er passt zu uns. Hab aber den Eindruck, wir müssen ihm bei der Gartenarbeit helfen. Irgendwie ist er auf diesem Gebiet ‘weltfremd’. Auch ein kluger Kopf kann nicht alles wissen.“

In diesem Moment betritt Friedhelm den Raum, schaut zur Theke, stutzt als er statt des Wirtes eine Frau sah und bestellte bei ihr ein großes Glas Bier. Friedhelm begrüßt den Stammtisch mit dem obligatorischen Klopfen. Und schon brachte die Wirtin ein großes Helles. Mit großen Schlücken ließ er den herben ‘Gerstensaft’ in seinen Körper fließen. „Ach, das war ein Genuss!“

Eberhard rief erschrocken aus: „Mensch Friedhelm, du blutest ja!!“

Das Bierglas hatte einen blutigen Handabdruck.

„Zeig mal deine Hände!!“, verlangte Eberhard. Und Friedhelm zeigte seine blutigen Handflächen. „Was ist denn da passiert?“, fragte Horst verwundert.

„Ich habe nur umgegraben, die ganze Woche nur umgegraben. Und da ich keine Ahnung von Gartenarbeit und Garten überhaupt habe, habe ich mir ein Gartenbuch gekauft und nach dem gehe ich jetzt vor. In dem Buch steht, man solle die Erde zwei Spaten tief umgraben. Und das habe ich gemacht. War Knochenarbeit, habe bestimmt ein paar Kilo abgenommen.“ Friedhelm lächelte.

„Aber Friedhelm, doch nicht bei diesem trockenen Boden!“ Helmut schüttelte den Kopf. Und dann wollte er noch wissen: „Den ganzen Garten?“

„Gut zwei Drittel; nur dort, wo ich Gemüse anbauen will. Ich bin bald fertig!“

„Bist ein verrückter Kerl, Friedhelm. Aber - die Gartenarbeit nimmst du sehr ernst!“

Eberhard mischte sich wieder in das Gespräch ein: „Bist du gegen Wundstarrkrampf geimpft?“

„Ich glaube ja - aber genau weiß ich das nicht mehr. Ist zu lange her. Ist das für die Gartenarbeit wichtig?“

Eberhard wandte sich zur Theke um: „Brigitte, schau dir mal die Hände vom Friedhelm an. Kannst du da was machen?“

Brigitte kam und schaute. „Wie ist denn das passiert?“

„Habe nur umgegraben. Meine Hände sind schwere Gartenarbeit nicht gewöhnt. Wenn das abgeheilt ist, wird es schon besser gehen.“ Friedhelm lächelte zur Wirtin.

„Wenn Sie dann noch Hände haben! Eine Infektion und ...! Mitkommen!“

Fast eingeschüchtert folgte Friedhelm der Wirtin. Die drei Freunde hörten nur ein schmerzhaftes „Aua!“ und „Das tut doch weh!“ und begrüßten einen Friedhelm mit einem fröhlichen „Prost Friedhelm!“

Die Wirtin kam jetzt zum Stammtisch und knurrte: „Junger Mann, Sie fahren heute mit mir in mein Krankenhaus. Diese Wunden muss sich ein Arzt anschauen. Haben Sie Ihr Auto hier?“

„Ich habe kein Auto, auch keinen Führerschein. Ich bin nachtblind!“

„Gut, Sie fahren mit mir! Eins kann ich jetzt schon sagen, vierzehn Tage wird kein Spaten angefasst! Mindestens!“

Der Wirt hatte von der Tür aus das Gespräch verfolgt. „Brigitte, übertreibst du nicht ein bissel?“

„Bist du examinierte Krankenschwester oder ich?!

Aber damit war das Thema für Frau Wirtin vorerst beendet. Nicht so für den Stammtisch.

„Friedhelm, Brigitte hat recht. Mit der Gartenarbeit ist vorerst Schluss.“ Horst meinte dies und Helmut sowie Eberhard schlossen sich dieser Aussage an.

„Aber ich habe doch meiner Franzi ...“

„Friedhelm, keine Gartenarbeit! Männer, wir treffen uns am Montag zum Stammtisch in Friedhelms Garten. Kannst du deine Franzi mitbringen?“ Und als Friedhelm nickte, meinte Helmut: „Fein, ihr bringt eure Frauen auch mit und ich kann euch meine Manuela vorstellen! Alles klar? 14 Uhr?!“

Eberhard und Horst staunten. „Sag mal, deine Manuela?!“

„Na ja, sie war einsam, ich war einsam - und jetzt lieben wir die Zweisamkeit!“

Die Wirtin trat umgezogen zum Stammtisch. „Habt ihr alles Wichtige besprochen? Mein Patient kommt jetzt mit mir! Herr Friedhelm, Sie folgen mir!“

Und ein folgsamer Friedhelm Maier verabschiedete sich von der Stammtischrunde: „Bis Montag 14 Uhr!“

Kaum waren Brigitte und Friedhelm draußen, als der Wirt zum Tisch trat. „Ihr wisst aber, dass Montag Ruhetag ist. Von wegen Stammtisch am Montag!“

„Jochen, dir wird schon etwas Nettes einfallen. Ich mach heute Schluss.“, erwiderte Eberhard grinsend. „Der Helmut hat mich positiv geschockt! Ich find das prima! Ihr auch!“

„Wer glücklich ist, denkt positiv!“, sinnierte Horst. „Ich find’s auch gut. Im Nachhinein begreife ich auch Helmuts komisches Verhalten besser. Ist vergessen, Hauptsache, er hat wieder neuen Lebensmut gefunden.“

Horst und Eberhard wollten den Raum verlassen, wurden aber vom Wirt gehindert. „He, eure Bierrechnung oder spielt ihr Zechpreller?“

„Am Montag, Jochen! Bezahlen wir alles am Montag!“ Grinsend verließen Horst und Eberhard den Gastraum, wohl wissend, dass am Montag der „Stammtisch außerhalb“ gut versorgt sein wird.

Das stabile Hochdruckgebiet bescherte den Versammelten auf der Parzelle 29 bestes Feierwetter, nur dass sie ja eigentlich zum Arbeiten gekommen waren. Gekommen, um dem Friedhelm das Umgraben abzunehmen. Der war mit seiner Franzi schon zeitiger gekommen, um aufzuräumen. Nur viel gab es nicht, das weggeräumt werden musste. Nur den Spaten hatte Friedhelm stehen gelassen, und zwar so, dass jeder versucht war, sich mit ihm zu vergnügen. Friedhelms Hände waren immer noch verbunden und als die „Gäste“ auf die Parzelle strömten, mussten erstmal medizinische Probleme erörtert werden. Ja, er habe eine Tetanusspritze bekommen! Ja, er wird in Zukunft seine neuen Freunde fragen! Ja, er wird ihre Hilfe uneingeschränkt annehmen! Friedhelm versprach alles, was Helmut, Horst und Eberhard von ihm verlangten.

Dann trudelten die Frauen ein. Helmut konnte seine Manuela vorstellen und Friedhelm seinen „General“. Die Frauen schienen sich gut zu verstehen und sie meinten, sie seien doch nur gekommen, um ihren Männern bei der Gartenarbeit zuzusehen.

Jeder hatte aus seinem Garten eine Sitzmöglichkeit mitgebracht, sodass die kleine Grünfläche von der Weiblichkeit besetzt war. Halt, ein Mann dufte bei ihnen sitzen: Der Mann mit den verbundenen Händen.

Horsts Frau, die Susanne, meinte: „Horst, hast du mir nicht erzählt, wir sind hier, damit ihr dem Friedhelm helfen könnt?“

Und artig nahm Horst den Spaten und grub, besser, er hackte die knochentrockene Erde mit dem Spaten auf. „Zwei Spaten tief?!“, knurrte er und mühte und mühte sich.

Nach 10 Minuten gab er auf. „Friedhelm, du musst wie ein Berserker gearbeitet haben. Kein Wunder, dass deine Hände das nicht ausgehalten haben.“

Horst übergab den Spaten an Eberhard. Und Eberhard fluchte und schwitzte und knurrte: „So eine Unvernunft! So kann man doch nicht graben!“

Erlöst wurde er von Jochen, dem Wirt. Auf einem Bollerwagen waren vier Kästen Bier gestapelt. Jochen zog und Brigitte hielt den Bierkastenturm.

Kühles Bier bei 25° Celsius - noch Sommertemperatur! Was will ein Kleingärtner mehr. Die Arbeit läuft nicht davon, aber kellerkaltes Bier erwärmt sich in der noch heißen Sonne recht schnell. Also: „Prost!“ Jochen, der Wirt hat „angezapft“. Man trank auf den neuen Kleingärtner, auf seine Franzi, begrüßte mit einem großen Schluck Helmuts Manuela und fand, arbeiten sei für Rentner an diesem schönen Sonnentag nicht angebracht.

„Nee Männer, wir wollten dem Friedhelm helfen. Wir müssen noch graben!“

„Grab nur Helmut! Grab! Ich hab schon!“ Horst prostete dem Helmut zu. Der nahm den Spaten und grub mit verbissener Mine.

Es war schon ein seltsames Bild. Da saßen Kleingärtner auf der kleinen Wiese und schauten zu, wie sich der Helmut abmühte. „Wisst ihr, wie wir Friedhelms Parzelle umbenennen können?“ Und als alle den Eberhard verwundert anstarrten, verkündete der: „Vom ICH zum WIR! Wir malen ein Transparent und stellen es auf! “

„Mannomann, da werden Erinnerungen wach! Dieser Slogan beinhaltete die ganze Ideologie der DDR! Wisst ihr noch ...“

„Friedhelm, du hast mir versprochen, dass du heute nicht politisieren willst!“ Friedhelms „General“ meldete sich und schaute ihren Mann vorwurfsvoll an. „Keine Politik!“

„Ach Frau Maier, das ist doch keine Politik. Das sind Erinnerungen, nur Erinnerungen!“

„Und gar keine schlechten, Horst. Meine Brigade bekam als Auszeichnung im Wettbewerb eine Reise geschenkt. Wir fuhren nach Bad Frankenhausen zum gerade eröffneten Bauernkriegsdenkmal. Zuerst wurde nur hinter vorgehaltener Hand geschimpft, aber als wir dieses größte Gemälde der Welt sahen, Erläuterungen hörten und zum Nachdenken angeregt wurden, da murrte keiner mehr. Übrigens, habt ihr nicht Lust, einen gemeinsamen Ausflug nach Frankenhausen zu machen? Natürlich mit unseren besseren Hälften!“

Das schöne Wetter beflügelte die Lust aufs Verreisen. Alle stimmten zu - bis auf Jochen, den Wirt.

Seine Frau Brigitte meinte, wäre der Ausflugstag der Donnerstag, dann könnte sie auch mitkommen. Es wäre ihr freier Tag.

„Und ich bleib alleine zurück?!“ Jochen begehrte auf.

Helmut hörte mit dem Graben auf. „Du schreibst einen Zettel, darauf steht: ‘Betriebsausflug’. Den hängst du wie zu DDR-Zeiten an die Eingangstür. Alle verstehen das! Und jetzt kommst du zum Spaten und vollendest das Umgraben!“

Grinsend übergab Helmut dem Wirt den Spaten. „Zwei Spaten tief! Der Friedhelm will es so haben!“

Und Jochen nahm den Spaten und maulte: „Und wer ersetzt mir den Umsatzausfall?“

„Wir lassen dich nicht hängen. Freunde am nächsten Stammtisch trinken wir das Doppelte!“ Alle Männer grinsten zustimmend, nur die Frauen waren damit nicht so recht einverstanden. „Da sprechen wir noch drüber“, meinte Franzi und lächelte ihren Friedhelm an. „Es sei denn die Frauen gründen einen Frauenstammtisch, dann wäre natürlich alles anders!“ Franzi bekam von allen Frauen Zuspruch.

„Darauf hätten wir schon lange kommen können“, meinte Susanne. „Dann brauche ich nicht mehr jeden Freitag allein vor dem Fernseher sitzen!“

Friedhelms Gesicht verfinsterte sich. „Franzi, ihr sitzt aber an einem anderen Tisch und ihr mischt euch nicht in unsere Gespräche ein. Ist das klar!?“

„Ja, ja, politisiert ihr nur. Wir haben viel interessante Gespräche!“

„Ja ich weiß!“ Helmut feixte. „Übers Essen und Backen!“

„Und über Mode!“, stichelte Horst.

„He Männer, beim Stichwort ‘Essen’ fällt mir etwas ein.“ Eberhard wandte sich an Marion, seine Frau. „Weißt du noch, wie unsere Anke aus der Schule kam und erzählte, dass die Lehrerin alle Kinder aufgefordert hatte, Päckchen mit Nahrungsmitteln mitzubringen. Die werden auf einen LKW geladen und nach Polen zur Partnerschule gebracht.“

„Und wir haben mehrere Päckchen gepackt! Unsere Anke wollte, dass kein Kind in Polen hungern sollte!“

Friedhelm ergänzte: „Das war für die damalige Volksrepublik Polen eine schwere Krise. Ihre rückständige Landwirtschaft fuhr Missernten ein! Ich habe damals als Journalist solch einen LKW-Tross begleitet. Die fröhlichen Gesichter der polnischen Kinder, die sich ein Päckchen nehmen konnten, sehe ich immer noch vor mir!“

„Ja, wir haben Solidarität praktiziert“, meinte Helmut. „Ob sich die heute Mächtigen, die jetzigen Politiker noch daran erinnern? Sie waren doch damals Kinder.“

„Schwer zu sagen“, meinte Friedhelm. „Im Allgemeinen kennen Nationalisten keine internationale Solidarität.“

„Denkst du, Trumps ‘Amerika first’ heißt in Polen ‘Polen first’?“

„Na ja, solche Reden und solche Forderungen hört man immer wieder. Man könnte meinen, der EU sind sie nur beigetreten, um an die Subventionen zu kommen. Na ja, dies wäre ein Thema für viele Stammtische.“

„Wenn die Entwicklung so weiter geht, könnte man meinen, wir sind auch schon ‘amerikanisiert’. Dann steht zuerst das ‘Ich’ und dann erst das ‘Wir’.“ Jochen hatte das Umgraben beendet und setzte sich zur Männerrunde. „Und ich will jetzt ein Bier! Kühl und ...!“

Dem Jochen war das Bier wichtiger als sein Satz. „Friedhelm, jetzt trinken wir auch auf das ‘Du’. Ich habe deinen steinharten Boden umgegraben! Das verbindet!“

„Küsst ihr euch jetzt wie Honecker und Breschnew?“, fragte Franzi scheinheilig.

„Das war ein gutes Stichwort. Da fällt mir ein Witz ein. Ihr müsst aber entschuldigen, ich kann Witze schlecht erzählen. Aber der Inhalt passt zu unserem Gespräch. Etwa so ging der Witz: Honecker, Fidel Castro und Breschnew spielen Skat. Honecker verliert und Breschnew sagt: ‘Erich, Fidel bekommt eine Zuckerfabrik von dir.’ Und Honecker nickte nur. Das zweite Spiel verliert Breschnew und Breschnew sagt: ‘Erich, Fidel bekommt eine Zuckerfabrik von dir!’ Und Erich nickte nur. Das dritte Spiel verliert Fidel und Breschnew sagt: ‘Erich, du musst Fidel helfen. Er bekommt eine ...!’ Habe ich ihn richtig erzählt?“

„Ich glaub schon, Horst“, antwortete Friedhelm. „Das war unsere Solidarität. Übrigens gab es neulich eine sehr interessante Umfrage. Das Ergebnis war sehr überraschend. Die Mehrheit der Bundesbürger kritisiert das ‘Ich-Denken’. Man sprach von einer ‘Ellenbogen-Gesellschaft’. Dass der Osten so denkt, war nicht überraschend. Aber auch im Westen sind zwei Drittel der Menschen der Meinung, dass der Egoismus zunimmt, dass jeder nur an sich denkt. Dies war für mich das wirklich Überraschende.“

„Dann müsste sich doch die Politik diesem Problem annehmen. Wenn die Mehrheit eines Volkes für mehr soziales Verhalten ist, dann muss die Politik mit ihren Gesetzen den ‘Heuschrecken’ und anderen Schmarotzern das Handwerk legen.“ Eberhard schaute zu seinen Freunden. So recht stimmten diese ihm wohl nicht zu. „Ihr seid anderer Meinung?“

„Nee Eberhard“, erwiderte Friedhelm, „ich denke wie du. Aber du vergisst, in Deutschland regiert das Geld und kein Kapitalist wird den goldenen Ast, auf dem er sitzt, freiwillig absägen. Machtverhältnisse sind immer Geldverhältnisse!“ Er machte eine lange Pause und sprach, als spräche er von einer Kanzel: „Und Gott sprach: ‘Über wen soll ich das Füllhorn des Glücks ausschütten?’ Er schaute zum armen Bäuerlein und zum reichen Fabrikbesitzer. Das Bäuerlein sprach: ‘Herr, die vielen elternlose Kinder im Waisenhaus brauchen viel Glück für ihr weiteres Leben. Schütte über sie dein Füllhorn aus!’ Und der Reiche schrie: ‘Was sollen die dummen Gören mit dem Glück anfangen?! Schütte über mich dein Füllhorn aus. Ich erweitere meine Fabriken, viele Menschen bekommen Arbeit und sie sind dankbar und werden dich dafür lobpreisen!’ Und Gott schüttete ...“

Friedhelm schaute in die Runde: „Prost Männer! Das ist mein letztes Bier!“

Horst: „Dein Satz ist nicht zu Ende gesprochen. Gott schüttete ... Und?“

„10 % der reichsten Deutschen besitzen 56 % des gesamten Vermögens. Die ärmere Hälfte besitzt nur 1,3 %. Deine Frage ist beantwortet. Gott war, seit Konstantin der Große das Christentum zur Staatsreligion erhob, ein Gott der Reichen. Und das geschah bereits im Jahre 312.“

Manuela flüsterte zuerst leise, dann sagte sie laut: „Gott der Reichen! König der Reichen!“

Und strahlend rezitierte sie:

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten

in Winterskälte und Hungersnöten;

wir haben vergebens gehofft und geharrt,

er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -

Wir weben, wir weben!“

Manuela lachte. „Ich kann’s noch! Ich habs noch drauf! Heinrich Heine! Die schlesischen Weber! Mündliche Deutschprüfung in der 10. Klasse!“ Und sie hob ihr Bierglas: „Prost! Ich habe noch kein Alzheimer!“

Alle mussten lachen.

„So Männer, mein Friedhelm hat genug Bier im Bauch! Wenn er nämlich über Religion redet, dann wird das eine lange Nacht!“ Franzi machte ihrem Spitznamen „General“ alle Ehre. Und Friedhelm fragte den Jochen: „Was muss ich zahlen?“

„Alles zusammen?“ Der Wirt grinste.

„Wenn es sein muss!“

„Nichts da! Jochen, die Gesamtrechnung und die teilen wir dann!“ Eberhard sprach für alle, und alle Männer zückten ihr Portemonnaie.

 

Der Abend endete auf der Gartenparzelle 29 mit der Absprache für den geplanten Ausflug. 

 

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